Hallo, Volksseuche

Nach vier Jahren hat mich das verdammte Coronavirus dann doch noch erwischt. Und ich muss sagen: Ich hätte gut verzichten können. Drei Tage Schüttelfrost, bis zu 41° Grad Fieber, ein durchgeschwitztes Bett — wäre ich ungeimpft erkrankt, würde ich dies womöglich nicht mehr schreiben.

Wenn ich aktuell lese, dass Covid-19-Infektionen aktuell größtenteils harmlos verlaufen, kann ich nur verächtlich schnauben. Hätte ich vorher gewusst, wie lange und heftig mich das Virus ins Bett werfen würde, wäre ich seit Mitte Oktober nicht mehr ohne FFP2-Maske unter Leute gegangen.

Oh Coronoia, Du hast mich wieder: Bleibt mir alle vom Hals und tragt gefälligst wieder Masken; einmal Covid-19 reicht mir.

Was mit leichten Erkältungssymptomen begann, zeigte einen Tag später mit völliger Kraftlosigkeit und hohem Fieber sein wahres Gesicht. Zwölf Tage lang zeigten alle Schnelltests in Nullkommanix zwei rote Striche. Erst am dreizehnten Tag verblasste der zweite Strich endlich. Gesund fühle ich immer noch nicht.

Tipps und Ratschläge

Ratschläge für diejenigen, bei denen es gerade losgeht, oder die sich vorbereiten wollen:

  • Sind genügend Taschentücher im Haus? Liegen FFP2-Masken bereit für den Fall, dass unabdingbarer Besuch (Stromzähler, Gas …) kommt?
  • Sind ausreichend fiebersenkende Schmerzmittel in der Hausapotheke? Paracetamol, Ibuprofen, ASS („Aspirin“), Metamizol („Novalgin“), Diclofenac …
  • Auf Husten und rauen Hals vorbereitet sein: Husten- und Halstabletten sowie Halsbonbons bevorraten.
  • Für einen möglichst milden Verlauf sollten die oberen Atemwege frei bleiben. Inhalieren mit Kamille, Nase mit Salz duschen, abschwellende Nasensprays bunkern (z. B. Mometason).
  • Sofern möglich, Kopfende des Lattenrosts anheben, um in den kurzen Schlafphasen nicht dauernd vom eigenen Schnarchen aufzuwachen.
  • Am besten zwei Sorten Schnelltests im Haus haben, mindestens drei Tests pro Person im Haushalt.

Aufgrund eingeschränkter Lungenfunktion bin ich ein bisschen Risikogruppe und wollte deshalb in der zweiten Novemberwoche meine Impfung auffrischen lassen. Ach, hätte ich doch auf einen früheren Termin gepocht … jetzt ist es jedenfalls zu spät.

Volle Breitseite

Alles begann mit leichtem Geschniefe, das ich noch als erschöpfungsbedingt abzutun versuchte. Eigentlich hatte ich mich schon zwei Tage vorher etwas angeschlagen gefühlt, aber das lag bestimmt am Wetter.

Am nächsten Morgen wachte ich so zerschlagen auf, dass ich gleich nach dem Aufwachen nach dem Fieberthermometer zu suchen begann. Durch die massiven Kopfschmerzen dauerte das ein Weilchen; ich konnte kaum die Augen offenhalten. Nachdem ich das Thermometer endlich gefunden hatte, wollte ich die erste Messung gar nicht glauben: 39,6° C im Ohr. Gegen Grippe war ich seit über einem Monat geimpft. Konnte also eigentlich nur … oh, nein. Soviel zum vereinbarten Impftermin.

Die Suche nach den Schnelltests verlief kürzer. Wie ging das noch mal? Stäbchen bis zum Anschlag reinstecken? Das war aktuell nicht besonders tief; die Nase war zu. Schnelltest 1 (Hotgen): roter Balken am T, schon nach einer Minute oder so. Schnelltest 2 (NanoRepro AG): auch hier in Minutenschnelle ein positives Ergebnis. Ganz großer Mist also.

Kraftlos schleppte ich mich zurück ins Bett. Einschlafen ging nicht. Wo könnte ich mir das nur eingefangen haben? Im Supermarkt um die Ecke hatte ein Mann am Wochenende so auffallend abgehackt gehustet. Nicht in die Armbeuge, direkt in den Gang. Ich musste husten. Ja, genau so hatte der Mann geklungen. Mist, Mist, Mist.

Tot oder lebendig? Egal.

Der Kopf dröhnte, Nase und Rachen waren voller Schleim, alle Zähne schmerzten, die Arme waren schwer, alles drehte sich. Das Pochen meines Herzens erfüllte meine Ohren. Ich kann mich nicht daran erinnern, mich jemals zuvor so intensiv krank gefühlt zu haben.

Gegen 0 Uhr schleppte ich mich ins Bad, erneute Messung im Ohr: 41° C. Erst da kam ich auf die Idee, fiebersenkende Schmerzmedikamente zu nehmen. Half nicht viel: Trotz warmer Decken fror ich erbärmlich, die Hände zitterten.

„Wenn’s das war, war’s das halt“ — an diesen Gedanken erinnere ich mich noch erschreckend deutlich. Ich war so fertig mit der Welt, dass mir egal war, ob ich die Nacht überstehen würde.

Am frühen Morgen weckte mich meine Frau. Da hatte ich endlich Schlaf gefunden, warum musste sie mich daraus wecken? Mein Bett war völlig schweißdurchnässt, sowohl Decke als auch Kissen. Während ich taumelnd nach einem trockenen Schlafanzug suchte, wechselte meine Frau die Bettwäsche, tauschte Decke und Kissen aus und hing den nassen Kram über Wäscheständer. (Mein Engel.)

Gescheiterte Schutzmaßnahmen

Schon am Vorabend hatte meine Frau die Wohnung nur noch mit FFP2-Maske betreten. Auch jetzt trugen wir beide Masken. Solange wir uns in einem gemeinsamen Raum befanden, lüfteten immer wieder quer, und wuschen uns die Hände gründlicher als sonst. Diese Vorsichtsmaßnahmen kam zu spät: Fünf Tage später lag meine Frau fiebernd im Bett und starrte glasig in Richtung Decke.

Aus meinen Erfahrungen lernend, nahm sie gleich Schmerzmittel, was die gemessene Höchsttemperatur auf ~38° C drosselte. Elend ging es ihr dennoch, ständige Hustenanfälle unterbrachen ihre Bettruhe. Auch sie hatte abwechselnd Schüttelfrost und Hitzestaus. Darüber hinaus hatte sie ausgesprochen die Nase voll: Über 250 Taschentücher hat sie bisher verbraucht.

Diverse Freunde und Bekannte berichteten ähnliches: Nur einem Paar gelang es, einander nicht mit Covid-19 anzustecken. Bei allen anderen wanderte das Virus nacheinander durch den ganzen Haushalt.

Als klar war, dass es meine Frau ebenfalls erwischt hatte, war das tatsächlich eine kleine Erleichterung: Wenigsten mussten wir in der Wohnung jetzt keine Maske mehr tragen, das Kind lag ja eh im Brunnen.

Die Statistik zeigt nach oben

Kein Trost: Der Zeit-Artikel „Wer neben Ihnen hustet und schnieft, hat wahrscheinlich Corona“ (Warnung: Volltext nur gegen Geld) und die wöchentlichen Lageberichte der Arbeitsgemeinschaft Influenza des RKI (Robert Koch Institut).

Highlights aus der Statistik:

  • Bei medizinischen Abstrichen enthalten deutlich mehr Proben Covid-19 (19 %) als andere Rhinoviren (15 %).
  • Die Erkrankungskurve bei Schulkindern steigt.
  • Auch bei den Abwasserproben geht die Kurve aufwärts.
  • Die in Deutschland dominierende Covid-19-Variante EG.5 liegt aktuell bei 43 %, der Newcomer BA.2.86 noch bei 7 %.
  • Wer wegen einer schweren Atemwegserkrankung im Krankenhaus landet, hat zu 28 % Covid-19.

Persönlich lese ich das so: Aller Wahrscheinlichkeit nach habe ich mir EG.5 eingefangen. Angesichts der steil ansteigenden Infektionszahlen kann es passieren, dass ich in den kommenden Wochen ohne präventive Maßnahmen zusätzlich BA.2.86 abbekomme oder was auch immer dann der dominante Strang ist.

Ob mein Immunsystem die nächste Variante leichter oder schlechter abwehrt als die Erstinfektion, mag ich ungern herausfinden. Diese Zwangsimpfung hat zwei Wochen gedauert: drei Tage maximales Elend, vier Tage Bettruhe, eine Woche wechselnde Temperaturen.

Ich werde also wieder zu FFP2-Masken greifen müssen und viel Antibeschlagspray verbrauchen. (Selbst bei den dichtesten Masken, die ich habe, beschlagen die Brillengläser immer wieder.) Und natürlich ist wieder Händedesinfektion angesagt. Ob das alles ausreicht, bleibt abzuwarten.

Die in den vergangenen Jahren gepredigten Hygieneempfehlungen und Abstandsregeln scheint das deutsche Volk ja kollektiv wieder vergessen zu haben. Jeder ist wieder auf sich selbst gestellt. Ich hoffe, die Wirtschaft wird’s zu schätzen wissen.

Bonus: Wer das Logo im Aufmacher nicht zuordnen kann, sei hiermit über das EU-Patent 007553407 der Axel Springer Deutschland GmbH informiert, die „Volks.Zahnbürste„. Volks-irgendwas ist eine seit 2002 laufende Marketing-Aktion der Bildzeitung, um Produkte unter die Leute zu bringen. Ich habe mir die Freiheit genommen, der Marke wieder ein bisschen Leben einzuhauchen. Da wird sicherlich niemand was dagegen haben.