Nachträge zu Demolition Man

Verpasste Gelegenheit zur Self-Promotion #673: Am 8. Oktober erschien auf Heise Online ein Artikel zum 30. Jubiläum von „Demolition Man“, der Science-Fiction-Action-Komödie mit Sylvester Stallone und Wesley Snipes.

Je finsterer die Ausblicke auf die unmittelbare Zukunft werden, desto mehr fasziniert mich der Rückblick auf Prognosen der Vergangenheit. In den frühen 80ern hatte jemand mal sinniert, welche Dystopie eher eintreten werde, „Schöne neue Welt“ oder „1984“. Die Bücher galten seinerzeit als Gegenpole. Wer hätte gedacht, dass sich Versatzstücke beider Visionen zu einer Gegenwart kombinieren würden …

Der Film „Demolition Man“ enthält gleich zwei Zukunftsvisionen: Der Prolog blickt drei Jahre voraus, ins inzwischen vergangene 1996; die Haupthandlung blickt 39 Jahre in die Zukunft, ins Jahr 2032. Um den Film in Erfüllung gehen zu lassen, gäbe es in den verbleibenden neun Jahren noch einiges umzusetzen.

Für den Artikel auf Heise Online habe ich mein Bestes getan, mich so kurz wie möglich zu halten. Leider habe ich dieses Ziel kläglich verfehlt. Und trotzdem gab es viele Dinge, die ich auslassen musste.

Die da wären … räusper …

Zählfehler und Psychiatrie-Terminals

Demolition Man ist noch schlechter in Mathematik als ich.

  • An einer Stelle wird Simon Phoenix gesagt, er sei nach 29 Jahren aufgetaut worden. Demnach müsste er schon ein anderes Hearing gehabt zu haben, schließlich liegen 36 Jahre zwischen 1996 und 2032.
  • Jemand behauptet im Brustton der Überzeugung, es habe seit 16 Jahren in San Angeles keinen unnatürlichen Tod mehr gegeben. Kurz davor hieß es jedoch, dass das letzte „187“ (ein Mord) im Jahr 2010 aufgezeichnet wurde. Das wären 22 Jahre.
Sylvester Stallone als John Spartan

Das öffentliche Computer-Terminal, der CompuKiosk, ist ein faszinierendes Ding.

  • Eine Nahaufnahme zeigt, dass der Kiosk rechts eine „Currency Dispense“, also eine Bargeldausgabe, vorsieht — im Film kommen hier aber die Strafzettel raus. Laut Handlung gibt es in San Angeles 2032 auch gar kein Bargeld mehr.
  • Zu den Angeboten des Kiosks gehört neben „Ego Boost“ auch „Banking“, „Mail“, „Citizen Confessional“ (Beichtstuhl) und „Atlas“, sowie „Public Psychiatrist“, „Telephone Directory“ und „Serenity Sayings“.
  • Die Tastatur des Terminals besitzt an der Position der Leertaste eine Control- und eine Print-Screen-Taste. Auch sonst ist die Tastatur ähnlich, aber anders merkwürdig aufgebaut wie die Tastaturen im Polizeihauptquartier.

Weitere Standbild-Boni

  • Das Schreibinstrument, das Simon Phoenix auf die unappetitlichste mögliche Art einsetzt, ist ein Rotring-Füller (der schon lange nicht mehr hergestellt wird).
  • John Spartan wird am 3. August 2032 aufgetaut.
  • Das im Polizeirevier angezeigte Strafregister von Simon Phoenix geht bis ins Jahr 1984 zurück. Bestimmt kein Zufall, sondern eine Anspielung auf den Roman Nineteen Eighty-Four von George Orwell.
  • Der Name des verstorbenen Doctor Mostow könnte eine Anspielung auf den Regisseur Jonathan Mostow sein (u.a. Terminator 3). Ich konnte allerdings bisher keine Verbindung zwischen Mostow und der Crew von Demolition Man finden.
  • In der internationalen Pizza-Hut-Fassung sind die digital bearbeiteten Sequenzen nicht nur deutlich dunkler als in der Taco-Bell-US-Version. Das Bild ist auch minimal stärker beschnitten.
Simon Phoenix (Wesley Snipes) im Kryo-Gefängnis

Dinge, die niemanden interessieren

  • Im Geschichtsmuseum verwenden die Schriftzüge der „Hall of Violence“ die Schriftart Exocet von Jonathan Barnbrook. Gamer kennen sie aus den Rollenspielen „Diablo“ und „Diablo II“. Reiner Zufall, keine Anspielung: Diablo erschien erst 1996.
  • Die Computer der Polizeistation verwenden als Standard-Schriftart Serpentine Sans Bold von Dick Jensen. (Es ist nicht der „Babylon-5-Font“, dabei handelt es sich um die Serpentine mit Serifen.)
  • Zusätzlich kommen auf den Computer-Displays zwei Futura-Varianten zum Einsatz: Futura Extra Bold und Futura Medium. Denn nichts sagt „Zukunft“ wie Futura.
  • Die IMDb führt für „Demolition Man“ ein Seitenverhältnis von 2,35:1 auf. Die Blu-ray hat ein Seitenverhältnis von 2,40:1.
  • In die VR-Sexszene hat Cutter Stuard Baird drei nackte Brüste hineingeschmuggelt. Und einen Bauchnabel.
  • Simon Phoenix hat links ein braunes, rechts ein blaues Auge. In einigen Einstellungen sind die Farben umgekehrt. Das liegt daran, dass der Regisseur einige Einstellungen in der Schnittphase horizontal gespiegelt hat (flipping).
  • In einer Szene im Untergrund steht neben dem Gegenkultur-Anführer Edgar Friendly (Denis Leary) niemand anderes als Jack Black. Auch Jesse Ventura tritt kurz auf, als Schurke. Sie haben keine Sprechrollen.

Ein Aspekt, den ich in der Rezension bewusst ausgeklammert hatte, war die 2032 allgegenwärtige Sprachsteuerung. Dies erschien mir nicht originell genug — schon im 1968 erschienen Film „2001: Odyssee im Weltraum“ reagiert der Computer HAL auf Sprachbefehle.

Warum gibt es keine Special Edition?

Obwohl Demolition Man seinerzeit in den Kinos gut lief und Sylvester Stallone nach einigen Flops endlich wieder einen Hit feiern konnte, gibt es erstaunlicherweise keine Jubiläumsedition dieses Films. Auf der Blu-ray ist das einzige nennenswerte Bonusmaterial ein Kommentar des Regisseurs — nüchtern, aber durchaus interessant.

In einigen Szenen sind die Augenfarben vertauscht – weil die Szenen gespiegelt wurden

Dabei sollte es durchaus Material geben. „Earworm James“ hat auf YouTube knapp vier Minuten alternative Takes und geschnittenes Materialangesammelt. Als Quelle dienten wohl vor allem die Film-Trailer.

Diese Szenen stopfen zwei wesentlich Lücken in der Handlung: John Spartans Tochter wird kurz erwähnt und verschwindet dann komplett aus dem Fokus des Films. Zudem scheint es eine Szene zu geben, in der Bösewicht Simon Phoenix den Polizisten Zachary Lamb ermordet.

Darüber hinaus sollte es problemlos möglich sein, beide Versionen des veröffentlichten Films, die US-Fassung mit „Taco Bell“ sowie die EU-Fassung mit „Pizza Hut“, per Seamless Branching auf eine gemeinsame Scheibe zu bringen. Vom Sting-Musikvideo ganz zu schweigen …

Lenina Huxley (Sandra Bullock) in der VR-Simulation

Weiterführende Links

Anmerkung: Vielleicht sollte ich den Seitenhieb auf die Futura erklären. Eine Futura (ich meine, Futura Narrow Bold) war über Jahrzehnte hinweg der Font für alle Überschriften der Computerzeitschrift bei c’t. Sie wurde im Rahmen eines Redesigns durch einen anderen Font ersetzt, der breiter lief, aber keine Verbesserung darstellte. Kurz nachdem die Futura weichen musste, wich auch ich (keine Kausalität, nur Korrelation).