Ein Kanadier verarbeitet seinen Schuhfetisch

Es gibt da diesen Song, den ich nicht aus den Ohren kriege. Und es gibt da dieses Video dazu, das mich nicht loslässt.

Gerade fällt mir auf, dass ich nicht einmal weiß, wie ich auf den Song gestoßen bin. Er stammt jedenfalls vom kanadischen DJ und Musiker Tiga, geboren Tiga James Sontag. Den Namen „Tiga“ kannte ich. weil mir seine Single „Hot in Herre“ auf irgendeiner Compilation aufgefallen war.

Richtig schlimm hängen geblieben bin ich jedoch bei „Shoes“, mit etwa 11 Jahren Verspätung. Diese Bassline! Diese High Hats! Dieser Text! Aber vor allem: Dieses Video!

Das Video

Ein Lebemann mit Stoppelbart im eleganten Anzug und eine streng geschminkte und hochfrisierte Dame in einem stacheligen, kurzen Kleid sitzen auf Kippsesseln. Beide haben ihre Beine übereinander geschlagen. Sie blickt nach vorn, er zu ihr hin. Er hat offensichtliches Interesse an ihr, sie hat betont kein Interesse an ihm.

Am Bildrand sitzt ein dem Anschein nach nackter Jüngling am Schlagzeug. Im Laufe des Videos löst sich ein Sekundenzeiger aus der Frisur der Frau und die Stacheln ihres Kleids überwuchern irgendwann den Set. Wunderbar bizarr und absurd, das Ganze.

Der Text

Der Mann geht gleich die Vollen: „I’d love to comb your hair. Your hair is such a mess. Just take off that dress, I’d love to comb your hair.“ Sie blockt ab: „I don’t like my hair neat.“

Er schaltet einen Gang zurück: „Just take off your shoes.“ Sie verweigert auch dies: „The shoes stay on my feet.“ Dann seine Verwunderung: „What’s that sound? I like that sound. I love that sound!“ Und ihre Replik: „It’s the sound of my shoes.“

Ausgerechnet auf YouTube findet sich in den Kommentaren eine wunderbare Analyse des scheinbaren Nonsens: „This is not a video clip. This is a philosophy for living a happy and fulfilling life.“ Ein weiterer Kommentator geht noch weiter:

The man states to her to „take off her shoes“ which she refuses to do. Later on he says he likes the sound her shoes make which would only occur if she left them on. It’s a metaphor for life. Follow your own path despite what other people tell you – because as soon as you do, they’ll realise how successful and right you were when you „make it“.

Quelle: „Super Robot Wars“ auf YouTube

Ob der Text wirklich diesen tieferen Sinn hat? In einem Interview erklärte Tiga, dass er schöne Schuhe liebt und das in ein Song gegossen hat. Vielleicht ist das Lied doch nur Nonsens. Ich finde den Song jedenfalls großartig.

Behind the Scenes

Das Video wurde von zwei britischen Videokünstlern namens Alex Large & Liane Sommers verbrochen, die als „Alex & Liane“ auch schon für Deichkind gearbeitet haben („Arbeit nervt“). In einem Lager fanden sie antikes Video-Equipment aus den 90ern und einen analogen Video-Mixer aus derselben Ära. Weil die Röhren noch mitmachten, haben sie ihn benutzt. Die Kamm-Artefakte seien zufällig entstanden, erzählten sie in einem Interview.

Der Mann ist ein Freund der Regisseure, Roger Hopley. Er ist sowohl als Musiker als auch als abstrakter Künstler unterwegs. Die Frau ist das Model Janine Henkes (eine Deutsche), die zwischenzeitlich auch unter dem Namen „Ghost“ als Musikerin tätig war.

Die organisch geformten, lackglänzenden Skulpturen stammen von einem (befreundeten) Künstler, Rein Vollenga, der zwischenzeitlich auch für Lady Gaga tätig war und Skulpturen produziert, die am Körper getragen werden.

Es gibt auch noch zwei feine Remixe: den sehr knalligen „A Bang Gang Hot Shoe Re-Shuffle“ und den verspielten „Plaisir de France Remix“ (YouTube-Links unten). Mr. Oizo hat seinerzeit auch einen Remix gemacht, der ist mir aber zu knarzig.

Drei Jahre später haben Alex und Liane einen weiteren Tiga-Track vertont: „Plush“. Mit einem ganz anderen Stil, der aber nicht weniger hypnotisierend wirkt. (Entgegen meiner vorherigen Annahme ist bei Plush das Model in der Mitte nicht Janine Henkes, sondern Karolina Zastarskyte. Der zappelnde Herr ist Tiga persönlich.)

Die Videos

Mehr zum Video „Shoes“

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