Fantasie-Portraits von Bauarbeitern. Ich wollte, dass sie so hässlich aussahen, wie ich sie mir nur vorstellen konnte.
Ich hatte da nämlich eine Rechnung offen.
Vor vier Jahren haben wir in einer schön gelegenen, aber hellhörigen Wohnung gelebt. Die Nachbarn hatten ein Baby, das drei- bis viermal täglich eine Dreiviertelstunde ohne Unterbrechung schrie. Hinzu kam eine Baustelle gegenüber.
Eine Wohnungsgenossenschaft hatte ihre Häuserreihe als unrenovierbar begutachten lassen, um sie abzureißen und anstelle der bisherigen Mittelklassewohnungen hochpreisige Neubauten zu bauen. Von der schönen Lage blieb da nicht viel übrig. Die Bauarbeiten begannen morgens um 7 und zogen sich mitunter auch bis Samstag. Drei unserer Zimmer gingen in Richtung Baustelle und auf allem lag ständig heller, feiner Staub.
Jeden Morgen begann der Baubetrieb Punkt 7:00 mit drei Hammerschlägen. Hatte ich am Abend zuvor wieder bis in die Puppen gearbeitet oder gezeichnet, hämmerte jeder Schlag direkt in mein schlafendes Unterbewusstsein. Bald träumte ich von den Bauarbeitern. Und eines Morgens beschloss ich, sie zu zeichnen, so wie ich sie mir vorstellte: tumbe, groteske Folterknechte, deren Lebensinhalt darin bestand, mir mit ihren Werkzeugen die Ruhe zu rauben.
Also habe ich mir mein Tablet gekrallt und vier Köpfe frei aus dem Bauch gezeichnet. Mit Helmen, damit sie sich nicht verletzen. Beim Zeichnen habe ich immer wieder leise, und böse, gekichert. Ich wusste ja, dass sie mich nicht absichtlich gequält haben. Aber es half enorm, sie so zu portraitieren.
Bonus: Wir wohnen jetzt woanders. Als hier allerdings vor einigen Tagen eine neue Baustelle lärmte, dachte ich sofort an die alten Zeichnungen.