25 Jahre Wing Commander (der Film)

Auf Heise Online erschien heute mein Rückblick auf den Film „Wing Commander“, der vor grob 25 Jahren in die US-Kinos kam, am 12. März 1999. Es war eine lose Verfilmung der erfolgreichen Computerspiel-Serie aus den 90ern.

Obwohl der Film seinerzeit kolossal floppte, ist seine Entstehungsgeschichte faszinierend. Rückblickend scheint niemand damit zufrieden zu sein — Darsteller, Regisseur, Produzent und Fans äußern sich durchgehend enttäuscht bis verärgert.

Ein paar Sachen haben mal wieder nicht in den Text gepasst, weshalb ich sie hier unterbringe …

Persönlicher Eindruck vom Ganzen

Mir stieß beim Ansehen des Films vor allem auf, wie überflüssig er wirkte. Die Story ist zugleich schrecklich banal und unnötig kompliziert. Schnell wurde mir die Motivation aller Figuren gleichgültig, so unbeholfen wirkte das Ganze. Besonders nervig waren Szenen, die ich in anderen Filmen schon besser gesehen hatte.

Wing Commander, 1999, Darsteller
Die Hauptdarsteller waren durchgehend jung (von links: Ginny Holder, Matthew Lillard, Freddie Prinze Jr.)

Die „Pilgerer“ mit ihren übermenschlichen Fähigkeiten zur Weltraum-Navigation kommen aus heiterem Himmel, in den vorangegangen Spielen kam nichts davon vor. Nach Vorabvorführungen wurde ein ganzer Handlungsstrang herausgeschnitten, in dem ein verbitterter Pseudo-Jedi, pardon, Pilgerer, die Menschheit an die Kilrathi verrät. Ohne das Verräter-Plot bekommen die Pilgerer nie eine richtige Bedeutung.

Mit der Entfernung des Pilgrim-Verräters fielen auch viele Kilrathi-Szenen weg, ohne die das Katzen-Alienvolk nie zur konkreten Bedrohung wird. Dass Chris Roberts von den misslungenen Animatronic-Kostümen so wenig zeigen wollte wie irgend möglich, hilft nicht. Dabei muss sich das Visual-Effects-Studio durchaus bemüht haben, wie ein Behind-The-Scenes-Clip beweist.

Wing Commander, 1999, Kilrathi
Angriff der Killernacktkatzen: Die Kilrathi im Film.

Die computergenerierten Special Effects sind selbst für ihre Zeit durchwachsen. Die Opening Credits sehen aus, als seien sie von einer DVD hochskaliert worden. Nahaufnahmen zeigen immer wieder viel zu grobe 3D-Modelle, was auch auf dem körnigen, etwas verschwommenen Bild der Blu-ray störend auffällt.

Die Projektion von gefilmten Elementen in die Cockpits der CGI-Raumschiffe überzeugt nie ganz: Mal kommt es zu perspektivischen Fehlern, mal füllen die Köpfe das ganze Cockpit.

Verzweifelte Versuche, sich freizuschwimmen

In einem Interview von 2000 behauptet Freddie Prinze Jr., das ihm vor der Vertragsunterzeichnung gezeigte Drehbuch sei viel besser gewesen als die gedrehte Fassung. Nach grober Sichtung früher Drehbuchfassungen in der „Wing Commander Encyclopedia“ hatte ich eher den Eindruck, dass die früheren Versionen andere Mängel hatten, aber nicht unbedingt besser waren.

Auf YouTube finden sich diverse aus der finalen Fassung entfernte Szenenschnipsel (viel davon vom User „Wing Commander CIC“) — nichts davon hätte den Film wirklich aufgewertet. Als „Wing Commander“ vor die Kameras ging, war wohl schon nicht mehr viel zu retten.

Der Produzent macht’s

Ohne Zweifel ist Produzent Todd Moyer eine Schlüsselfigur für den Misserfolg des Wing-Commander-Films. Einerseits wäre der Film ohne ihn wohl nie zustande gekommen. Andererseits traf er offenbar zahlreiche Entscheidungen, die dem Film nicht zuträglich waren.

Wing Commander, 1999, Raumschiffe
Die stummeligen Rapier-Raumjäger wirken ziemlich unbeholfen.

In einem Interview mit Jamie Russell in dessen Buch „Generation XBox: How Video Games Invaded Hollywood“ (2012) kommt Moyer ziemlich arrogant rüber: Er sieht Comics und Spiele als Grundsteine für Filme, zeigte sich von den Wing-Commander-Spielen aber unbeeindruckt: „Spiele können mich nicht begeistern.“ Er sieht ihren Wert nur im geistigen Eigentum und den bereits vorhandenen Fans, im Buch als „eingebautes Publikum“ bezeichnet. Für Todd Moyer war „Wing Commander“ eine reine Geldmaschine.

Der Regisseur zahlt

Aus diversen Quellen konnte ich zusammenklauben, dass Chris Roberts drei Millionen US-Dollar seines persönlichen Vermögens in die Produktion investierte, um Regie führen zu dürfen. Üblicherweise werden Regisseure dafür bezahlt, Regie zu führen, Roberts bezahlte für das Privileg. Das sei zwar durchgewunken worden, dürfte seine Verhandlungsposition aber nicht gestärkt haben, als er das Studio später um mehr Geld bat.

Darüber hinaus hat sich Chris Roberts offenbar einen kurzen Gastauftritt ins Drehbuch geschrieben. Gegen Ende des Films tritt er kurz als Kampfpilot auf, der Blair (also der Hauptfigur) das Leben rettet.

Wing Commander, 1999, unscharf
Auch auf der Blu-ray sind fast alle Weltraumszenen ziemlich unscharf — das ist nicht nur Bewegungsunschärfe

Todd Moyer hatte übrigens fast gleichzeitig einen geschäftlich ähnlich konstruierten Film in der Mache: Die Vorlage war ein Comic, der Regisseur war unerfahren, die Darsteller waren bekannt, aber nicht zu teuer. „Virus“ (1999) kam zwei Monate vor „Wing Commander“ in die Kinos. In den Hauptrollen waren Jamie Lee Curtis, Donald Sutherland und William Baldwin; auf dem Regiestuhl saß John Bruno.

Jamie Lee Curtis bezeichnete „Virus“ später als „schlechtesten Film aller Zeiten„. „Wing Commander“ hat nicht einmal dieses Attribut verdient.

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